IFM – Technisches Gebäudemanagement auf neuem Niveau

Gebäude sind weit mehr als nur vier Wände und ein Dach. Unabhängig vom Alter des eigentlichen Gemäuers beherbergen moderne Gebäude eine Infrastruktur, die unser Leben in den Gebäuden mit Hilfe einer Vielzahl von immer intelligenteren Systemen sicher und bequem macht. Die Erwartungen an Beleuchtung, Klimatisierung, sanitäre Einrichtungen, Brandschutzanlagen, Sicherheitssysteme, Telekommunikationsanbindungen sind immens. Und die Anforderungen an Sicherheit, Zuverlässigkeit, Vernetzung und Komfort befinden sich im Widerstreit mit den Notwendigkeiten im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit. Beispielsweise kann das Thema Wartung als Spiel betrachtet werden, bei dem man nüchtern betrachtet nur verlieren kann: wer überängstlich ist, verschwendet Geld und Ressourcen für vorzeitig ersetzte Bauteile und überflüssige Arbeiten, und wer zu optimistisch ist, läuft unweigerlich in Störungen und Schadensfälle, die im Normalfall weit mehr als nur ärgerlich sind, sondern uns teuer zu stehen kommen.

Schwatzhafte Komponenten – Big Data

Technologischer Fortschritt geht zumeist mit einem Selbstverstärkungsmechanismus einher. Finden innovative Produkte eine breitere Anwendung, sinken die Preise für solche Produkte, was wiederum dazu führt, dass die Verbreitung weiter steigt. So wurden und werden elektronische Baugruppen über die vergangenen Jahrzehnte immer günstiger und dabei immer leistungsfähiger, sodass sie auch in Bereichen Anwendung finden, in denen man sie auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Kostengünstige Sensorik, Datenerfassungsgeräte, schnelle kabelgebundene oder auch drahtlose Netzwerke, Datenspeicher und Prozessoren waren die Wegbereiter für das, was mit den Schlagworten Industrie 4.0 oder dem Internet der Dinge in Verbindung gebracht wird.

Einer der vielen Anwendungsbereiche dieser Entwicklung ist die Erfassung und Übertragung von Gebäudedaten. Allerdings birgt die Menge der anfallenden Daten aus Sensoren und Baugruppen große Herausforderungen mit sich und das sind die Datenmengen an sich. Wie der Datenflut Herr werden? Wie die Daten soweit verdichten, dass daraus überschaubare und nutzbringende Informationen werden, die sich als Entscheidungsgrundlage verwerten lassen?

Traditionelle Lösungen sind mit den anfallenden Datenmengen rettungslos überfordert, und die rein statische Auswertung bedeutet, dass wir lediglich einen Blick zurück auf das werfen können, was sich in der Vergangenheit ereignet hat und sich nun nicht mehr ändern lässt. Interessanter wird es erst, wenn wir auf einer breiten Datengrundlage einen möglichst zuverlässigen Blick nach vorn richten können. Es geht darum Big Data zu beherrschen, die Datenverwaltung von Massendaten, die in schnellen Datenströmen anfallen und aus einer Vielfalt unterschiedlicher, nicht harmonisierter Quellen stammen.

Nutzen entsteht, wenn die Analyse der großen diffusen Datenmengen dergestalt funktioniert, dass im Rahmen der sog. „Predictive Analytics“ Prognosen entstehen, mit denen sich zum Beispiel der Energiebedarf von Gebäuden vorhersagen oder Wartungsintervalle im Rahmen einer zustandsabhängigen und vorausschauenden Wartung der Gebäudeinfrastruktur anpassen lassen. Erst wenn solche Vorhersagen gelingen, darf von einem intelligenten Gebäudemanagement gesprochen werden, dem „Intelligent Facility Management“ (IFM), das weltweit Menschen beschäftigt, die die Sicherheit und die Kosten von öffentlichen und gewerblichen Gebäuden im Blick haben müssen. Die Einsatzgebiete erstrecken sich von der Fernauswertung von Verbräuchen bis hin zur Steigerung von Key Performance Indicators von Aufzügen und Rolltreppen mit Hilfe einer optimierten präventiven Wartung, bei der Arbeiten rechtzeitig durchgeführt werden, bevor eine Störung eintritt, ohne dafür aber vermeidbare Kosten zum Beispiel für den Austausch von Bauteilen in Kauf zu nehmen, deren Ende der Lebensdauer noch lange nicht erreicht war.

Was Intelligent Facility Management (IFM) auszeichnet

Grundvoraussetzung für Intelligent Facility Management ist eine effektive Datenbewirtschaftung, die zwei Hauptbereiche abdeckt:

  1. Datenstrom auf der physischen Ebene
    Sensoren und Geräte müssen als Datenlieferant in einer Weise vernetzt werden, dass sie über die verfügbaren Netzwerkverbindungen einen kontinuierlichen Datenstrom liefern können.

  2. Rückmeldung von Mitarbeitern
    Mitarbeiter sind und bleiben eine entscheidende Daten- und Informationsquelle.
    Meldungen zu Schäden und Störungen müssen genauso erfasst werden wie zum Beispiel Informationen zu quittierten Alarmen, die Auskunft darüber geben, ob ein Alarm „echt“ war und im Zusammenhang mit einer defekten Heizung oder kaputten Leuchtmitteln stand, oder ob es sich ein Fehlalarm handelte, bei dem zum Beispiel kein Kühlmittel fehlte, sondern ein Sensorfehler vorlag. Diese beiden „Quellen“ gilt es im Rahmen der Datenbewirtschaftung in Einklang zu bringen und systematisch auszuwerten. Hierbei liefern die automatischen (mechatronischen) Quellen Daten, die die Betreiber bei der Überwachung und Einschätzung von Anlagenzuständen unterstützen und ihnen viel manuelle Arbeit bei Rundgängen und Sichtprüfungen abnehmen. Gleichzeitig sind die automatisch erfassten Daten konsistenter und somit zuverlässiger, da sie nicht auf subjektiven Eindrucksurteilen oder durch Menschen durchgeführten Messungen beruhen.

Prognosen können auf Basis solcher Daten mit Hilfe von statistischen Verfahren erstellt werden, sodass man nicht mehr nur auf die Erfahrung und das Bauchgefühl von Mitarbeitern angewiesen ist. Die Datenanalyse ermöglicht Vorhersagen von Wasserverbräuchen oder dem Bedarf für Heizung bzw. Klimatisierung. Gründliche und tiefgreifende Datenanalysen ermöglichen somit das Erkennen von Trends, unterstützen aber auch die Ermittlung von Fehlerursachen. Solche Analysen zuverlässiger Daten können also auch den detektivischen Spürsinn von Menschen ergänzen, wenn sich zwar Symptome zeigen, die Ursachen jedoch im Verborgenen bleiben.

Ein Beispiel aus dem automobilen Umfeld soll dies veranschaulichen. In den achtziger Jahren kam ein Autobesitzer wiederholt mit Problemen in der Elektrik in die Werkstatt. Jedes Mal musste eine Sicherung ausgetauscht werden. Das Symptom ließ sich somit leicht beheben, die Ursache für das Durchbrennen der Sicherung jedoch blieb unklar. Nach diversen Besuchen stellte sich über Gespräche mehr oder weniger per Zufall heraus, dass der Fall immer eintrat, nachdem der Fahrer im benachbarten Ausland war. Beim Herunterdrehen der Seitenscheibe zum damals noch notwendigen Vorlegen der Papiere an der Grenze wurde jeweils ein Kabel zum Außenspiegel gequetscht, was zum Kurzschluss führte. Ein heutiges Fahrzeug wäre über die Sensorik und Analysefunktionen in der Lage, viel genauer über Zeitpunkt, Art und per GPS-Daten ggf. sogar den Ort eines solchen Ausfalls Auskunft zu geben und hätte somit viele der damaligen Werkstattbesuche unnötig gemacht.

Ähnliche, zum Teil mysteriös anmutende Phänomene treten auch in Gebäudeinfrastrukturen auf, sei es die Heizung, die immer nur an einem Montag mit regnerischem Wetter ausfällt, oder Fehlalarme, die stets kurz vor Feierabend vor Brückentagen ausgelöst werden. Inhärente Regelmäßigkeiten sind häufig so komplex oder aber so profan, dass sie einem Menschen nicht unbedingt auffallen, den Algorithmen einer leistungsfähigen Analysesoftware jedoch schon.

Kosteneinsparungen entstehen, wenn Prognosen „Notfälle“ verhindern. Schäden können durch rechtzeitige Wartung z.B. von Notstromaggregaten, Pumpen oder Kompressoren ggf. ganz verhindert werden. Ersatzteile können frühzeitig aber gezielt bestellt werden, sodass Expressversand genauso vermieden werden kann wie umfangreiche und somit teure Lagerhaltung.

Keine Zukunftsmusik

In der Praxis werden die Werkzeuge und Methoden des IFM in der vorausschauenden Zustandsüberwachung eingesetzt. Die kontinuierliche Überwachung von Betriebs- und Anlagendaten, insbesondere von Verschleißteilen führt zu Vorhersagen, die nicht lediglich auf Basis der Anzahl der Betriebsstunden beruhen, sondern auf dem, was eine Anlage oder ein Anlagenteil tatsächlich geleistet hat. Denn es macht einen Unterschied, ob Aufzüge stets voll besetzt oder nur mit einer Person belegt sind, ob Außenjalousien häufig verstellt oder nur hoch- und heruntergefahren werden, oder ob eine Klimaanlage in einem heißen Sommer plötzlich viele Stunden bei Außentemperaturen von über 30°C betrieben werden. Je komplexer die Anlage und der Anwendungsfall, desto wichtiger ist es, detaillierte Daten über die wirkliche Nutzung auszuwerten, um im Abwägen zwischen Wartungs- und Instandhaltungskosten einerseits sowie Sicherheit und Zuverlässigkeit andererseits abwägen zu können und am Ende nicht als Verlierer dazustehen.

Ein weiteres hochinteressantes Spielfeld sind Vorhersagen zu Energieverbräuchen sowie die Vorausplanung von Verbrauchsmitteln und Wartungen. Abhängig von der Belegung von Gebäuden, Wetterverläufen, saisonalen Schwankungen usw. kann das zielgenaue Vorausplanen von Verbräuchen dazu beitragen, dass einkaufsseitig Tarife rechtzeitig optimiert und somit Kosten eingespart werden. Wird beispielsweise ein Bürogebäude im Rahmen eines größeren Projekts über ein Jahr mit 150 zusätzlichen Mitarbeitern belegt, so hat dies je nach Jahreszeit erhebliche Auswirkungen auf den Bedarf an Heizung oder an Klimatisierung. Kann durch Prognosen rechtzeitig und präzise auf solche Anforderungen reagiert werden, können Energieverträge so angepasst werden, dass teure Schwellwertverletzungen in den geplanten Verbräuchen vermieden werden. Aber auch die Bestellungen für Papierhandtücher und die Wartungsintervalle für die Drehtür mit der Zutrittskontrolle können entsprechend terminiert werden, sodass nicht der Fall eintritt, dass Mitarbeiter auf Grund eines Defekts der Tür Wintertags teure Arbeitszeit vor verschlossener Tür verbringen oder sich einfach über fehlende Papierhandtücher ärgern.

IFM zahlt sich aus

Gebäudeinfrastruktur wird häufig erst dann bewusst wahrgenommen, wenn sie nicht funktioniert. In diesem Zusammenhang hat sich IFM als Methodik bereits bewährt, wenn es darum geht, einerseits Sicherheit und Zuverlässigkeit zu gewährleisten, andererseits aber kosten- und umweltbewusst zu handeln. Dies wird dadurch möglich, dass die intensive Analyse der großen anfallenden Datenmengen Vorhersagen, also den Blick in die Zukunft zulässt. Die weiter wachsende Verbreitung und die einhergehenden fallenden Preise für IT-Komponenten im Bereich der Gebäudeinfrastruktur werden dazu führen, dass IFM nicht mehr nur für große Gebäudekomplexe, sondern auch für die breite Masse an öffentlichen und gewerblichen Gebäuden attraktiver wird.